Es ist wahnsinnig, wie schnell die Zeit vergeht. Das fällt mir besonders in der Adventszeit immer wieder auf. Wahrscheinlich auch, weil dies im realen Leben immer eine besonders arbeitsintensive Zeit ist, die wenige Momente zum Luftholen bietet.
Heute sind nun schon 2/3 des Adventskalenders vorbei und die unterschiedlichen Geschichten laufen auf der Zielgeraden ein. Ich hoffe, ihr habt genauso viel Spaß beim Lesen, wie wir beim Schreiben.
Nun aber zu Felix und Arne. Wer wissen will, wie es ihnen auf dem Weihnachtsmarkt ergangen ist, der kann es nun lesen.
Süßer Traum (Teil 3)
Ungeduldig laufe ich in meinem
Zimmer herum. Obwohl der Sekundenzeiger der Uhr unablässig und gleichmäßig
läuft, scheint die Zeit stillzustehen. Aus Angst, nicht rechtzeitig ferig zu
werden, habe ich mich beeilt. Nachdem ich fast jedes Teil aus meinem
Kleiderschrank herausgezerrt habe, ist meine Entscheidung schließlich auf einen
hellblauen Pulli und eine einfache Jeans gefallen. Allzu viel Auswahl habe ich
nicht und ich weiß wirklich nicht, was sich für ein erstes Date schickt. Der
Versuch mir einzureden, dass es kein „Date“ ist, misslingt ziemlich kläglich.
Meine Aufregung ist ebenso groß wie beim ersten Date, beim allerersten ... und
das ist über zehn Jahre her. Ich bin echt erbärmlich.
Der Typ, der mir aus dem Spiegel entgegenblickt, sieht
eigentlich ganz okay aus. Ein bisschen müde vielleicht, schließlich hat er
schon einen kompletten Arbeitstag hinter sich. Rede ich jetzt tatsächlich schon
in der dritten Person von mir? Echt krank. Meine Hände sind schweißnass. Ich
wische sie an der Hose ab und strecke mich. „Felix Dornbichler, jetzt reiß dich
endlich am Riemen.“
Die Ansprache wirkt und selbst das Lächeln, das ich
aufsetze, sieht echt aus. Ich bin zufrieden ... halbwegs. Endlich ist es kurz
vor 16 Uhr und ich beschließe, im Laden auf Arne zu warten. Wenn ich noch lange
hier oben im Kreis herumlaufe, werde ich eine Laufrille in meinen Dielen haben.
Meine Mutter macht sich gerade bereit zum Gehen und Klara
bedient eine Kundin, als ich nach unten komme. Während Mama nur lächelt, als
sie mich sieht, pfeift Klara anerkennend.
„Du siehst gut aus, Felix“, sagt meine Mutter.
„Gut, Mama?“, fällt Klara quietschend ein. Sie fällt mir um
den Hals, schiebt mich wieder eine Armlänge von sich weg und mustert mich
erneut. „Felix sieht phantastisch aus. Wann hast du das letzte Mal eine
Verabredung mit einem schnuckligen Kerl gehabt, Brüderchen? Ich wette einen
Hunderter, dass du Stunden dafür gebraucht hast, dich für dieses Outfit zu
entscheiden. Du bist schlimmer als jedes Mädchen, großer Bruder. Warst du schon
immer. Aber ich kann dich beruhigen, du hast die perfekte Wahl getroffen.
Deinem Schnuckel wird es auch gefallen. Da bin ich mir sicher.“
„Soll ich etwa dieser Schnuckel sein?“
Herrgott, bitte lass die Erde unter mir aufgehen und mich
verschwinden! Kann es eine noch größere Peinlichkeit geben? Arnes Stimme klingt
belustigt, doch mir ist es unangenehm. Meiner Schwester allerdings weniger. Sie
geht sofort auf ihn zu und zieht ihn in eine Umarmung, als ob sich die beiden
schon seit Ewigkeiten kennen. „Hallo, ich bin Klara, Felix‘ Schwester. Freut
mich, dass ihr es endlich einmal geschafft habt, euch zu verabreden. Mein
Brüderchen wollte mir nicht glauben, dass du scharf auf ihn bist. Dabei hast du
ihn schon am ersten Tag beinahe mit Blicken ausgezogen ...“
„Klara ...“ Ich versuche, meine Schwester von weiteren
Aussagen abzuhalten, die nur noch peinlicher werden können. Ich kenne sie. Wenn
sie erst einmal in Fahrt kommt, ist sie schwer zu bremsen.
„Mein Bruder ist etwas eingerostet, was Verabredungen
angeht“, berichtet Klara ohne sich stören zu lassen. „Seit der Trennung von
seinem Ex und der Krankheit unseres Vaters hat er nur für die Bäckerei gelebt.
Dabei ...“
„Klara, es reicht!“ Energisch trete ich zwischen die beiden
und greife nach Arnes Hand, um ihn hinter mir her aus dem Laden zu ziehen,
bevor meine Schwester noch weiteres Unheil anrichten kann. Da das mit dem
Versinken im Erdboden wohl nicht klappt, muss ich mich der Konfrontation
stellen.
An der nächsten Straßenecke lasse ich Arnes Hand los, doch
er greift sofort wieder nach mir und verschränkt unsere Finger miteinander.
„Ich finde es schön so“, sagt er leise.
Ich nicke stumm. Mir bleibt gerade die Stimme weg, aber das
finde ich auch. Es fühlt sich gut an, vielleicht zu gut. Obwohl die Trennung
von Dominik schon so lange her ist, sitzt der Stachel der Verletzung noch immer
tief in mir. Ich habe meinem Freund vertraut und bin bitter enttäuscht worden.
Nach dieser Erfahrung fällt es mir schwer, wieder uneingeschränktes Vertrauen
aufzubauen.
„... Weihnachten wie ich?“ Arne drückt meine Hand und zieht
meine Aufmerksamkeit wieder auf sich. Er blickt mich an und grinst. „Hast du
mir überhaupt zugehört?“
„Sorry, ich ...“
Mein Kopf ist bestimmt rot wie eine reife Tomate, aber Arne
legt mir einen Finger auf die Lippen und lächelt mich an. „Du warst in Gedanken
woanders, ich weiß. Es war auch nicht so wichtig, ich rede immer ein bisschen
viel.“ Er lacht laut und ich genieße das Prickeln, das seine Stimme und der
Kontakt unserer Hände in mir auslöst. „Ich habe dich nur gerade gefragt, ob du
Weihnachten auch so sehr magst wie ich. Ich bin ein Weihnachts-Junkie.“
Eine Frage, die leicht zu beantworten ist. Ich nicke
vehement. „Ich auch. Leider kann ich in diesem Jahr die Adventszeit nicht so
genießen, weil ich zu viel arbeiten muss. Deshalb auch mein Vorschlag mit dem
Weihnachtsmarkt. In diesem Jahr war ich erst ein einziges Mal dort.“ Ich mache
eine kleine Pause, bevor ich leise fortfahre. „Außerdem macht das allein nicht
so viel Spaß und meine Freunde sind fast alle Weihnachtsmuffel.“
„Nun musst du ja nicht mehr allein dorthin.“
Der Weg zum Marktplatz, auf dem der größte Weihnachtsmarkt
unserer Stadt stattfindet, ist nicht weit. Ich lausche Arnes Stimme, der
wirklich ununterbrochen vor sich hinplappert. Auf diese Weise erfahre ich viele
Dinge, die mich interessieren, ohne dass ich überhaupt fragen muss. Die meisten
Fenster an der Straße sind bereits weihnachtlich geschmückt. Sterne blinken und
in vielen Scheiben spiegelt sich flackerndes Kerzenlicht. Duft von Glühwein und
gebrannten Mandeln zieht in meine Nase. Die ersten Stände sind nur noch wenige
Meter entfernt. Sie sind gut besucht, obwohl es noch früher Nachmittag ist. Wie
sehr das normale Leben in den letzten Monaten an mir vorbeigegangen ist, merke
ich auch an meiner Überraschung.
„Glühwein zum Einstieg?“, fragt Arne.
Obwohl ich weiß, dass es unvernünftig ist, Alkohol auf fast
leeren Magen zu trinken, nicke ich. Vor lauter Aufregung habe ich zu Mittag nur
ein Plunderstück gegessen. „Perfekt, doch dann brauche ich erst einmal feste
Nahrung.“ Wie zur Bestätigung knurrt mein Magen laut.
Arne lacht. „Man hört’s. Aber das passt gut. Ich bin mittags
auch nicht zum Essen gekommen, weil ich pünktlich gehen wollte. Schließlich
wollte ich zu unserem Treffen nicht zu spät kommen. Noch kann ich nicht
einschätzen, wie du auf meine schlechten Eigenschaften reagierst.“ Er kichert
und zuckt entschuldigend mit den Schultern. „Muss mich doch von der besten
Seite zeigen.“
Während Arne mich loslässt und zum Glühweinstand geht,
schaue ich ihm nach. Seine forsche Art gefällt mir. Ich fühle mich so gut, wie
schon lange nicht mehr. Klara hat recht, ich habe mich schon viel zu lange
hinter meiner Arbeit versteckt. So fühlt sich Leben an, nur mit Händchenhalten
... Wann hat sich Dominik eigentlich einmal so ungezwungen in der
Öffentlichkeit mit mir gezeigt? Wir haben nicht im Geheimen gelebt, aber Zuneigungsbekundungen
an Orten, wo uns Fremde sehen konnten, habe ich wirklich selten bekommen. Je
öfter ich über die Beziehung nachdenke, desto mehr wird mir bewusst, wie viel
davon nur meiner rosaroten Brille geschuldet war. Der offensichtliche Betrug war
nur der i-Punkt auf einer langen Kette von Dingen, die eigentlich nicht zu
meiner Idealvorstellung von Liebe gehören. Ich wollte es nur nicht wahrhaben
und Dominik hat sich verstellt und angepasst.
„Auf einen schönen Nachmittag!“Arne reicht mir einen verzierten
Becher, aus dem es verführerisch duftet. „Ich habe auf einen zusätzlichen
Schuss verzichtet, damit wir nicht gleich betrunken sind.“
Wir suchen uns einen Platz am Stehtisch und stoßen an. Das
Zeug riecht nicht nur gut, es schmeckt auch lecker. Ich trinke nicht häufig
Alkohol und merke die Wirkung beinahe sofort. Mein Blut rauscht warm durch
meinen Körper und der letzte Rest Anspannung verschwindet augenblicklich.
Vielleicht tut mir das auch ganz gut, dann übernimmt mal nicht mein Kopf allein
die Führung. Nach all den Informationen, die ich in kurzer Zeit von Arne
bekommen habe, bin nun ich an der Reihe, ein wenig von mir zu erzählen.
Aufmerksam hört Arne zu und fragt gezielt nach. Wir entdecken immer mehr
gemeinsame Interessen. Im Nu sind wir mitten in einer angeregten Diskussion
über verschiedene Sportarten und speziell Fußball. Als Kinder haben wir beide
im Verein gespielt, sind dann aber später zu anderen Sportarten gewechselt. Die
Liebe zu dem Sport ist geblieben und wir verfolgen die Spiele der Bundesliga
regelmäßig. Allerdings sind wir Anhänger unterschiedlicher Vereine und werden bestimmt
hitzige Gefechte neben dem Platz haben. Tatsächlich denke ich in diesem Moment
schon an später ... und es fühlt sich gut und richtig an. Wir streiten und
lachen viel. Mit Arne macht beides Spaß. Die Zeit vergeht wie im Fluge. Es wird
immer voller und wir haben Mühe, unseren Platz zu verteidigen. Nach dem Essen
gönnen wir uns noch einen zweiten Becher Glühwein und teilen uns eine große
Tüte gebrannter Mandeln.
„Wollen wir noch die anderen Stände anschauen?“, fragt Arne
plötzlich. „Du musst doch bestimmt bald nach Hause. Wann gehst du normalerweise
ins Bett?“
Er hat recht, aber an eines will ich im Moment ganz sicher
nicht denken . ans Nachhausegehen. Die Aussicht auf einen Abend allein in
meiner Wohnung gefällt mir nicht und heute will ich endlich einmal wieder
völlig unvernünftig sein und nicht nur an die Pflicht denken. Ich bin jung
genug, auch mal eine Schicht mit wenig Schlaf durchzustehen. Heute will ich
feiern und nicht an den Morgen denken.
„Zu früh“, antworte ich einsilbig. Übermütig greife ich nach
Arnes Hand und ziehe ihn hinter mir her. „Ist mir gerade egal. Lass uns hier
umschauen und sehen, wohin es uns heute Abend noch treibt. Was meinst du?“
Durch die dichtgedrängte Menschenmasse schlängeln wir uns
zwischen den enggestellten Holzhütten hindurch. Neben den Fressbuden beherrschen
Stände mit Kunstgewerbeartikeln und Kerzen den Markt. Mir gefallen die kleinen
Figuren aus Holz, die man an an den Weihnachtsbaum hängen kann. Ich kann selten
an diesen Ständen vorbeigehen, ohne ein Stück für meine Sammlung zu kaufen,
auch wenn ich selbst für mich allein keinen eigenen Baum schmücke. Die
Leidenschaft habe ich geerbt von meiner Mutter und so suche ich auch für sie
ein Figürchen aus. Arne steht hinter mir und schaut über meine Schulter. Seine
Hände liegen auf meiner Taille, mir ist seine Nähe sehr bewusst. Als ich meinen
Kauf in der Jacke verstaue, weiß ich plötzlich genau, was ich will und kann es
kaum noch abwarten. „Kommst du mit zu mir?“, frage ich außer Atem, nachdem ich
Arne ein wenig aus dem Getümmel gezogen habe. Mein Herz schlägt laut und ich
warte angespannt auf die Antwort. Arnes Nicken lässt den Stein aus meiner Brust
plumpsen. Wir schauen uns tief in die Augen und die Welt um uns herum bleibt
für einen Augenblick außen vor. Die Geräusche verschwinden und auch die vielen
Menschen, die um uns herum sind, nehme ich nicht mehr wahr. Ich sehe nur noch
den Mann vor mir, lausche dem Gleichklang unserer Herzen und spüre wenig später
weiche Lippen auf meinem Mund. „Sehr gern“, flüstert Arne leise, bevor er mich
erneut küsst.
TBC
Morgen geht es weiter bei France Carol
Guten Morgen Mia!
AntwortenLöschenKann es sein, dass Klara kein eigenes Liebesleben hat? Sie preist Felix regelrecht an und will ihn an den Mann bringen.
Ein schöner Bummel über den Weihnachtsmarkt. Felix und Arne passen immer besser zusammen.
LG Piccolo
Das kann schon sein. Sie hält halt das Glück ihres Bruders über ihr eigenes ... (oder lenkt so von sich ab :-) )
LöschenLG
Mia
Hach...sooooo sweet.
AntwortenLöschenLG Lesekatze74
Mit Glühwein und ein bisschen Kitsch auf dem Weihnachtsmarkt geht alles :-)
LöschenLG
Mia
Hi,
AntwortenLöschenJa kurzfristig geht das auch mal fast ohne Schlaf :-) die zwei werden sicherlich viel Spaß zusammen haben ;-)
LG
Brigitte
In dem Alter schon noch. Mit den Jahren merkt man die fehlenden Stunden Schönheitsschlaf etwas mehr...
LöschenLG
Mia
Hallo :)
AntwortenLöschenHach schon wieder vorbei. Ich liebe diese kleinen Häppchen. :)
LG Jenny
Einen gibt es davon noch ...
LöschenHoffen wir mal, dass die beiden Jungs die Kurve bekommen, nicht wahr?
LG
Mia
Sehen die Brötchen eben morgen bisschen komisch aus und die Brezeln werden einfach zu Laugenstangen...Ran an den Kerl! :D
AntwortenLöschenDas kriegt Felix auch im Halbschlaf hin. Wer feiern kann, kann auch arbeiten :-)
LöschenLG
Mia
Ein schönes Kapitel, richtig was fürs Herz :)! Dankeschön ♥
AntwortenLöschenLiebe Grüße,
Pummeluff
And the winner is ...
AntwortenLöschenBrigitte Böhm
Die Magnete kommen sofort, wenn du mir deine Adresse mitteilst.
Herzlichen Glückwunsch!